Digitales zur Wahl: SPD

Politik, Netzpolitik, SPD, Digitales

Bianca Kastl

Es folgt: Die Wahrnehmung meines digitalpolitischen Bildungsauftrags zur Bundestagswahl 2021.
Also sehen wir uns mal an, was Parteien eigentlich in ihren Parteiprogrammen dazu stehen haben.
Dreiteilig: erstmal Wahlprogramm finden, lesen und dann noch auf meine Wahlkreiskandidatinnen eingehen.

Das ist eine mehrteilige Serie, ich mach das mal so Partei nach Partei. Ich krittel da noch etwas vorab an den Webseiten rum.

SPD Webseite

Wir beginnen auch hier bei der Webseite und dem Weg zum Parteiprogramm.

Webseite der SPD in der Desktopansicht

Der Weg zum Parteiprogramm ist erfreulich direkt. Zwei Klicks in etwa: Wahlprogramm der SPD

Die grundsĂ€tzliche Webseite der SPD ist TYPO3, viel selbst gehostet, Tracking lĂ€uft per default ĂŒber Matomo. Das erfordert ein Opt-Out, weswegen die Cookie-Warnung auch etwas anders aussieht:

Cookiewarnung der SPD, bei der einem Tracking durch Matomo explizit widersprochen werden muss

In meiner laienhaften juristischen Sichtweise wÀre mir das zu wenig aktiver Consent. Aber naja, es ist zumindest Matomo im Tracking.

Die grundsÀtzliche Webseite ist so lala in Sachen Performance. Sind dann doch 7 Megabyte auf der Startseite, aber immerhin ist alles selbstgehostet. Netzwerkstack ist eher non-progressiv, HTTP 1.1 halt.

Netzwerktraffic der SPD-Webseite mit ausschließlich intern gehosteten Resourcen
Barrierefreiheit ist grundsÀtzlich okay, sehen wir mal von ein paar lieblosen Alt-Texten bei Bildern (iStock?) ab.
Lighthouse Scores der SPD Webseite von 36 von 100 Performance Punkten, 89 von 100 Accessibility Punkten
Im Gegensatz zur Union wirkt die Webseite aber irgendwie zumindest authentisch selbst gemacht und nicht aus verschiedenen Third-Party-Diensten zusammengeklickt.

Das Wahlprogramm aus digitaler Sicht selbst

Das Wahlprogramm der SPD hat 66 Seiten und ein Inhaltsverzeichnis, das auch wieder blumig klingt, aber eher in grĂ¶ĂŸere, zusammenhĂ€ngende Themenkomplexe gegliedert ist. «Aus Respekt vor Deiner Zukunft». Mal schauen.

Titelbild des Wahlprogramms der SPD
Das Wahlprogramm gibt es auch in Leichter Sprache, aber nicht ĂŒbersetzt in andere Sprachen.

Zukunftsmission III: Digitale SouverÀnitÀt in Deutschland und Europa

Die SPD bezeichnet ihre Forderungen / Zielsetzungen im Programm als Zukunftsmissionen und eine davon ist Digitale SouverĂ€nitĂ€t. Das VerstĂ€ndnis ist etwas anders als das der CDU. Der Aspekt der digitalen Selbstbestimmung ist – neben dem Hardware und Software – eher Fokus der Thematik SouverĂ€nitĂ€t nach Ansicht der SPD.

Generell grenzt sich die SPD in bestimmten Teilen auch klar von der Union ab – falls da irgendwer mit irgendwem koalieren sollte, wird das in diesen Punkten spannend. Aber dazu en Detail spĂ€ter.

Zukunftsmission III hat Details zur Digitalpolitik der SPD auf 3,5 Seiten, bei denen ich jetzt noch mehr auf Details eingehe, die sich teilweise nur in HalbsÀtzen finden. Generell gefÀllt mir der Abstrakt der Ziel-Politik gut, aber etwas genauer interpretieren sollte man den ein oder anderen Satz da schon.

Leitbild Digitale SouverÀnitÀt

Wir halten fest: die SPD gendert. Daneben ist das SelbstverstÀndnis der SouverÀnitÀt auch stark mit dem Thema Selbstbestimmung im Digitalen verbunden (hat im Bereich des Selbstbestimmungsgesetz' ja nicht so ganz gut funktioniert in dieser Legislatur, aber hey).

Die Selbstbestimmung und digitale MĂŒndigkeit der BĂŒrger*innen ist unser Leitbild, damit die Digitalisierung allen zugutekommen kann.

Gigabit fĂŒr alle – bis 2030

Da das Zielbild digitale Gesellschaft der SPD auf 2030 abzielt und beim Thema Breitband keine anderen Fristen genannt werden, setzt sich die SPD das Ziel mit Gigabit fĂŒr alle im nĂ€chsten Jahrzehnt zumindest.

Um dieses Versprechen einzuhalten, werden wir die Versorgung aller Haushalte und Unternehmen mit einer Bandbreite von mindestens einem Gigabit pro Sekunde garantieren – durch konkrete, gesetzlich festgelegte Ausbau- und Versorgungsverpflichtungen und entsprechende Zwischenziele. Hier stehen auch die Netzbetreiber in der Verantwortung.

OZG plus?

Streng genommen enthĂ€lt das Onlinezugangsgesetz ja bereits eine sehr konkrete Verpflichtung, Verwaltungsdienstleistungen digital bereitzustellen. Hier will die SPD zumindest noch ausbauen – was auch immer das in dem Rahmen heißt.

Wir werden daher die Verpflichtung von Bund, LĂ€ndern und Kommunen zur Bereitstellung digitaler Verwaltungsdienstleistungen ausbauen, damit alle Verwaltungsleistungen möglichst schnell auch digital verfĂŒgbar sind.

Konkretisiert wird hier auch die Zielvorstellung, wie Leistungen digital verfĂŒgbar sein sollen – ein PDF-Formular ist damit nicht gemeint und eigentlich wird zumindest im Programm auch die Art des Verfahrens eher richtig Push orientiert. Also, dass sich die Verwaltung meldet mit Leistungen. Das wird zumindest spannend zu sehen, was davon am Ende ĂŒbrig bleibt.

Wer Anspruch auf eine Leistung hat, muss diese – wenn möglich – automatisch, ohne Antrag erhalten oder in einfacher Form ‘mit einem Klick’ beantragen können.

Public Money, public Code

Die SPD hat das – mit einer kleiner AbschwĂ€chung – tatsĂ€chlich im Wahlprogramm.

Öffentlich finanzierte Software sollte, wo möglich, als Open-Source transparent entwickelt und öffentlich zugĂ€nglich gemacht werden.

Digitale Bildung (und ihre Infrastruktur)

Der SPD ist auch aufgefallen, dass es fĂŒr digitale Teilhabe an Bildung auch digitale EndgerĂ€te braucht.

Jedem/r SchĂŒler*in muss ein digitales EndgerĂ€t und Zugang zum Internet zur VerfĂŒgung stehen.

Weiter noch: es braucht auch sonstige Ausstattung.

Wir werden hier weiter investieren und ein Modernisierungsprogramm des Bundes aufsetzen, das sowohl den Sanierungsbedarf der SchulgebÀude als auch die digitale Ausstattung umfasst.
Wir werden dafĂŒr sorgen, dass eine einfache, unbĂŒrokratische Umsetzung der digitalen Grundausstattung fĂŒr alle Schulen möglich ist.

Das klingt zumindest konkreter bzw. problembewusster als die AnsÀtze der Union.

Digitale Bildung (und ihre Inhalte)

Hinsichtlich der Bildungsinhalte setzt die SPD auch auf offen zugÀngliche Inhalte und entsprechende Plattformen. Was davon aber wirklich neu ist, und inwieweit das konsequent ausgebaut wird, ist Auslegungssache.

Auf einer Open-Source-Plattform, die bereits durch den Digitalpakt beauftragt und finanziert ist, sollen kĂŒnftig lĂ€nderĂŒbergreifend Lehr- und Lernmaterialien und Unterrichtskonzepte fĂŒr alle zugĂ€nglich sein: offen, dezentral, sicher und vernetzt. Die Förderung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen ist dabei ein zentrales Ziel.

Digitale Teilhabe

Die SPD ist sich auch bewusst, dass der Zugang zu digitalen Möglichkeiten ja auch immer ein Kostenfaktor und ein Faktor von barrierefreien Zugangsmöglichkeiten ist. Bei den konkreten Maßnahmen zur StĂ€rkung der Barrierefreiheit im Digitalen fehlt eine konkrete Forderung, aber immerhin gibt es im Programm einen Hinweis auf einen entsprechenden Sozialtarif.

Die Digitalisierung darf die Gesellschaft nicht spalten. Der Zugang zum Netz muss bezahlbar sein. FĂŒr BĂŒrger'innen mit geringem Einkommen, fĂŒr SchĂŒler'innen und Studierende werden wir darum einen Sozialtarif fĂŒr den Netzzugang schaffen. Zur digitalen Teilhabe gehört die Barrierefreiheit.

Life-Long-Learning

Schön auch, dass die SPD das Thema lebenslanges Lernen im Parteiprogramm zumindest auch im Sinne von digitaler Selbstbestimmung verortet und das auch als Recht auf Bildung fĂŒr alle Generationen explizit auf digitale Bildung ausdehnt. Sollte ich meine Mutter also an einem VHS-Kurs zu Computern anmelden, war die SPD schuld.

Alle BĂŒrger'innen sollen zur digitalen Selbstbestimmung befĂ€higt werden. Wir brauchen ein Recht auf digitale Bildung und Weiterbildung fĂŒr alle Generationen. Gerade die Volkshochschulen sind ideale Orte, um digitale Bildung fĂŒr alle BĂŒrger'innen zu ermöglichen - kostengĂŒnstig, barrierefrei, inklusiv.

NetzneutralitÀt

Die SPD bekennt sich aktiv zur NetzneutralitÀt im Kontext von digitalen Plattformen und ihrer Marktmacht.

Zudem werden wir weitere, neue europĂ€ische Instrumente entwickeln, um die ĂŒbermĂ€chtigen Plattformen zu zĂ€hmen oder notfalls zu entflechten. Grundlegend notwendig hierfĂŒr ist die Bewahrung der NetzneutralitĂ€t, fĂŒr welche wir einstehen werden.

Das Nichtunterscheidungsmerkmal

Die Forderung nach InteroperabilitĂ€t von Messengern scheint allen (großen) Parteien ein Anliegen zu sein und findet sich auch bei der SPD:

Es muss möglich sein, zwischen verschiedenen Messenger-Diensten, sozialen Netzwerken und digitalen Diensten und Plattformen zu kommunizieren oder zu wechseln. Diese InteroperabilitÀt werden wir gesetzlich vorschreiben.

Digitale SouverÀnitÀt auf Hardwarebasis

Ebenso wie die Union fordert auch die SPD europÀische SouverÀnitÀt in Hinsicht auf Hardware.

Wir brauchen in Europa eine selbstbestimmte Entwicklung und Herstellung der notwendigen Komponenten und Bauteile, damit nicht ausschließlich US- und chinesische Hersteller ĂŒber den Erfolg und die Netzwerksicherheit digitaler Infrastrukturen in Europa entscheiden.

DatentreuhÀnder und die Daten-Teilen-Infrastruktur

Im Kontext der BekĂ€mpfung von Daten-Monopolen setzt sich die SPD fĂŒr den Datenaustausch ĂŒber DatentreuhĂ€nder ein, sowie eine Daten-Teilen-Infrastruktur. Das klingt auf einer abstrakten Ebene spannend, ebenso spannend ist aber auch, wie so etwas dann in der Praxis umgesetzt werden kann. Ich bin da auf der Ebene mit großen Monopolisten zumindest skeptisch.

Wir werden ein Datengesetz schaffen, das das Gemeinwohl in den Mittelpunkt rĂŒckt. DafĂŒr werden wir eine vertrauenswĂŒrdige Daten-Teilen-Infrastruktur fördern, öffentliche DatentreuhĂ€nder einrichten und gleichzeitig dafĂŒr sorgen, dass die großen Konzerne ihre Daten fĂŒr gemeinwohlorientierte Ziele teilen mĂŒssen.

Tors Hammer (sorry)

Die SPD setzt sich zumindest laut Programm fĂŒr Anonymisierungstechniken ein und will eigentlich auch gegen die Aushebelung dieser Verfahren vorgehen. Das ist insofern bemerkenswert, da der Staatstrojaner, an dem die SPD nicht so ganz unbeteiligt war, ja eigentlich auch eine Art De-Anonymisierung möglich
 wie auch immer. Klingt gut. Weiß aber nicht, was davon in Konsequenz zu halten ist.

Wir fördern die Entwicklung von Anonymisierungstechniken und setzen uns fĂŒr strafbewehrte Verbote von De-Anonymisierung ein.

Open Data (ja echt)

Die SPD will tatsĂ€chlich auch Open Data ermöglichen und dabei auch Behörden unterstĂŒtzen, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Der Staat muss beim Datenteilen mit gutem Beispiel vorangehen und einen breiten Datenzugang im Sinne von Open-Data ermöglichen. Wir werden die Behörden dabei unterstĂŒtzen, das umzusetzen.

Das BSI



 soll laut SPD unabhĂ€ngig werden. Na immerhin! Wichtig auch: nur prĂ€ventiv, keine aktiv angreifende Sicherheitsbehörde.

Das Bundesamt fĂŒr Sicherheit in der Informationstechnik als zentrale, unabhĂ€ngige und ausschließlich prĂ€ventiv ausgerichtete Cybersicherheitsbehörde werden wir stĂ€rken und die VerschlĂŒsselungsforschung ausbauen.

Keine Backdoors

Sagt zumindest dieser Satz im Programm der SPD:

Digitale HintertĂŒren sollen nicht offen gehalten werden.

Keine Klarnamenpflicht

Bei der Klarnamenpflicht ist die SPD sehr klar gegen eine solche. Ebenso bei der Notwendigkeit einer sicheren E2E-VerschlĂŒsselung. Schön.

Wir sind gegen eine Klarnamenpflicht im Netz und setzen uns weiterhin fĂŒr die Möglichkeit einer anonymen und pseudonymen Nutzung ein. Das ist eine wichtige Voraussetzung fĂŒr eine freie MeinungsĂ€ußerung und der beste Schutz vor Diskriminierungen. Eine technisch sichere Ende-zu-Ende-VerschlĂŒsselung ist fĂŒr uns selbstverstĂ€ndlich.

KI? Blockchain? Nicht ganz


Im Programm wird KI wird nur als Forderung zu «verantwortungsvolle KĂŒnstliche Intelligenzen (KI)» erwĂ€hnt im Bereich von Algorithmen.
Im Bereich Blockchain und WĂ€hrungen ist das SPD-Programm sehr klar:

Wir lehnen eine Privatisierung von WĂ€hrungen ab. Dies gilt auch fĂŒr private digitale WĂ€hrungen, die in ihrem Wert kĂŒnstlich stabil gehalten werden (Stablecoins).

Versuch eines Fazits zum Wahlprogramm

Das Programm der SPD liest sich aus digitaler Sicht erstaunlich 
 gut. GrundsĂ€tzlich wirkt es sehr umfassend und auch an den meisten Stellen bedacht und bemĂŒht um einen Blick auch auf den Teilhabeaspekt fĂŒr BĂŒrger*innen.
Allerdings steht es auch in Widerspruch zu ein paar Entscheidungen in der aktuellen Legislaturperiode. Was dabei dann am Ende in einer Koalition ĂŒbrig bleibt, wird sich zeigen.

Lucia Schanbacher - Wahlkreis Stuttgart I

Es folgt der Stuttgart spezifische Teil. Wahlkreisabgeordnete ist Lucia Schanbacher.
Digital erreichbar ĂŒber Homepage und ihr Profil bei Abgeordnetenwatch ist okay.

Profil von Lucia Schanbacher bei Abgeordnetenwatch mit 6 von 9 beantworteten Fragen

Themen: Roter Klimaschutz, Unterpunkt: Deutschland muss spÀtestens bis 2045 klimaneutral werden. An dem Punkt trennen sich bereits unsere Wege. Sorry, das reicht nicht.

Besondere digitale Themen scheint es bei meiner Wahlkreisabgeordneten der SPD auch nicht zu geben, daher werde ich nicht nÀher auf ihn eingehen.

Soviel zum Thema SPD. Folgen sie diesem Kanal bald auch fĂŒr weitere tiefergehende Analysen der anderen Parteien, die sich unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung verpflichtet fĂŒhlen.