Bianca, warum sprichst du eigentlich so viel über… ?

Barcamp, Motivation, Barrierefreiheit, Datenschutz, NS-Sprache, bcs12

Bianca Kastl

Ich komme gerade vom wunderbaren Barcamp Stuttgart zurück, das für mich jedes Jahr eine Bereicherung ist. Eine klare Empfehlung dazu an dieser Stelle.

Das Barcamp Stuttgart ist – wie der Name schon sagt – ein Barcamp, sprich eine themenoffene Veranstaltung die von den Teilnehmenden mit Inhalt befüllt wird. Sessions können da ganz unterschiedlich sein: von klassischen Präsentationen zu Diskussionsrunden zu sportlichen Aktivitäten.

Auf dem Barcamp wurde mir zwei Mal die Frage gestellt, warum ich denn über ein bestimmtes Thema spreche – weil eigentlich hat das Thema ja nicht direkt etwas mit mir zu tun. Entweder weil ich nicht persönlich betroffen sein mag oder weil es eigentlich gar nichts mit meiner Ausbildung oder meinem Beruf zu tun hat.

Daher möchte ich einmal kurz erwähnen, welche Sessions ich so halte und warum ich das überhaupt möchte:

Hands-On: Barrierefreiheit

Seit etwa einem Jahr versuche ich, das Thema Barrierefreiheit im Web auch dadurch zu verbessern, dass ich auf Barcamps Vorträge dazu halte. Diese Vorträge sind immer interaktiv und ich habe eigentlich nie einen genauen Plan, was ich in dieser Session eigentlich bespreche.
Oft biete ich den Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre eigene Webseite live auf mögliche Problem zu analysieren. Ich gehe dabei auf häufig verbreitete Probleme wie mangelhafte Navigierbarkeit durch Tastaturnavigation, Farbkontraste oder Screenreader ein. Aber das ist immer davon abhängig, was sich am Beispiel als größtes Problem zeigt.

Bianca, warum sprichst du eigentlich so viel über Barrierefreiheit?

Beim Thema Barrierefreiheit geht es vor allem darum, möglichst alle Menschen teilhaben zu lassen. Barrieren, die diesen Menschen im Weg stehen, abzubauen und wenn nötig, alternative Zugänge zu bieten.
Nun könnte ich mich zurücklehnen und nichts tun, weil ich selbst vielleicht nicht direkt von Barrieren im digitalen Raum betroffen bin. Aber gerade beim Thema Inklusion kommt es darauf an, dass nicht nur Betroffene auf Probleme hinweisen, die sie selbst erleben, sondern dass sich auch nicht Betroffene mit diesen Problemen beschäftigen und diese auch aktiv weitergeben. Denn Betroffenen ist selbst oft nicht immer die Aufmerksamkeit oder die Möglichkeit gegeben, auf diese Probleme hinweisen zu können oder gehört zu werden.
Daher spreche ich so viel über Barrierefreiheit. Nicht unbedingt für mich, sondern für viel mehr für andere.

Best of Datenschmutz

Schon zum Barcamp Ruhr, welches alljährlich im März in Essen stattfindet, habe ich eine weitere Session mitgebracht: Best of Datenschmutz.
Im Prinzip spreche ich dabei über meine ganz persönlichen Erfahrungen als Internet-Nutzerin mit dem Datenschutz großer Internet-Konzerne wie Apple, Google oder Facebook im Rahmen der DSGVO.
Die Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, war und ist für mich beruflich zwar auch ein Thema, aber in dieser Session geht es grundsätzlich um das, was ich als Nutzerin selbst mit der DSGVO machen. Datenabfragen bei Unternehmen zum Beispiel, um herauszufinden, was Unternehmen über mich an personenbezogenen Daten speichern. Da ich etwas mehr von Daten verstehe, versuche ich diese im Anschluss aber auch immer etwas genauer zu analysieren und auf datenschutzrechtlich bedenkliche Passagen hinzuweisen.

Bianca, warum sprichst du eigentlich so viel über Datenschutz?

Datenschutz ist ebenso wie die Barrierefreiheit ein eher ungern behandelter Punkt im Web heutzutage. Dabei ist beides enorm wichtig. Ich versuche Menschen zumindest etwas stärker zu sensibilisieren und ihnen auch Tools an die Hand zu geben, wie sie selbst auch den Umgang mit personenbezogenen Daten bei Unternehmen beurteilen können.

Verbrannte Wörter - NS-Rhetorik gestern und heute

Wir leben in schwierigen Zeiten. Neo-Faschisten werden in Parlamente gewählt, auch in Deutschland. Dabei haben gerade wir in Deutschland eine besondere historische Verantwortung, dem Faschismus aktiv entgegen zu treten.
Ich beschäftige mich seit etwa 3 Monaten im Prinzip täglich mit den Ereignissen zum jeweiligen Tag aus der Zeit des Nationalsozialismus, wie unter #nazisreenacted etwas ausführlicher beschrieben. Wenn du dich über so eine Zeit ausführlich mit der NS-Zeit beschäftigst, wird dir sehr schnell die Sprache der NS-Zeit bewusst. Ein sehr eigenartiger Stil, den Victor Klemperer in seiner Lingua Tertii Imperii wunderbar analysiert, eine Sprache, die verbrannte Wörter hinterlassen hat - wie wunderbar in Matthias Heines Buch zusammengefasst.
Ich habe versucht, in dieser Session ein paar Begriffe der NS-Zeit genauer zu erklären und auch den Bogen zu den Neo-Faschisten heute zu schlagen. Die Parallelen sind deutlicher als auf den ersten Blick erscheinen mag.

Bianca, warum sprichst du eigentlich so viel über die Sprache des Nationalsozialismus?

»Worte können wie winzige Arsendosen sein: Sie werden unbemerkt verschluckt; sie scheinen keine Wirkung zu tun - und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.« sagte Victor Klemperer einmal. Es ist wichtig, dieses Gift in der deutschen Sprache immer wieder klar zu benennen und vor allem auch neue Narrative zu benennen, die ähnlich menschenfeindliche Hintergedanken haben. Einerseits will ich persönlich sensibilisieren, ich will diesen fatalen Teil der deutschen Geschichte nicht in Vergessenheit geraten lassen und muss so selbst auch immer etwas Zeugnis davon ablegen, was damals passiert ist. Und leider auch: Parallelen aufzeigen von rhetorischen Mitteln, denen sich die neuen Rechten heute bedienen.

Nun ja, das ist wohl der Grund warum ich eigentlich über diese Themen immer wieder spreche.